Liebe Gemeinde,
Liebe Schwestern und Brüder!

Die 40-tägige Pilgerfahrt, die uns durch Fasten und Gebet hin zu diesem leuchtenden Fest der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus führt, wurde heute Vollendet. Heute verkünden wir in unseren Kirchen: Քրիստոս յարեաւ ի մեռելով։ Christus ist auferstanden! Durch seinen Tod hat er den Tod besiegt. Durch seine Auferstehung hat er uns das Leben geschenkt.

Dies tun wir voller Hoffnung, dass auch wir an seiner Auferstehung teilhaben werden. Denn ohne Hoffnung wären wir verzweifelt, ohne Hoffnung wären wir in der Hölle. Glaube, Hoffnung und Liebe, sie sind für uns Menschen so lebensnotwendig. Vor allem aber die Hoffnung, die aus dem Glauben an den Auferstandenen herauswächst, kräftigt uns und macht uns lebendig.

Sehr oft erinnere ich mich an meine Kindheit und daran, wie ich als Kind immer die Hoffnung hatte, dass das Leben immer hell und geborgen bleibt, das Gute immer über das Böse siegt und alles ein gutes Ende hat. Sicher habt ihr ähnliche Gedanken gehabt.

Später dann als Erwachsene, erfahren wir, dass nicht alles so rosa ist, wie wir gehofft haben. Wir finden uns nicht ab mit all dem Schweren und Dunklen, das uns begegnet. Wir finden uns nicht mit Krieg, mit Ungerechtigkeit und Armut, mit Krankheit und Tod ab.

Wir sehnen uns nach einer menschlichen, nach einer gerechten, nach einer friedlichen Welt. Wir suchen nach einer Welt, in der die Liebe stärker ist als der Hass, in der das Licht stärker ist als die Dunkelheit, ja in der das Leben stärker ist als der Tod!

Und wo können wir, meine Lieben, denn einen Halt finden, wenn nicht in der Botschaft des heutigen Tages, die Botschaft von Auferstehung unseres Herrn. Sie macht uns deutlich, dass unsere Hoffnung gerechtfertigt ist und sie nicht ins Leere geht. Diese Botschaft, sie sagt uns, dass Gott unsere Sehnsucht nach Frieden, Gerechtigkeit, Liebe nicht nur erfüllt, sondern sogar übertroffen werden. Unser Erlöser, unser Herr Jesus Christus zeigt uns: die Liebe ist wirklich stärker als Hass und Lieblosigkeit. Hass und Feindschaft, die die Liebe immer wieder aufs Kreuz zu legen scheinen, werden heute besiegt.

Aber ist dieser Hass nicht auch heute noch lebendig, würden einige fragen. Sehen wir nicht, was in unserer unmittelbaren Nähe heute geschieht? In Arzach, in Armenien, in Syrien und in Ukraine? Sehen wir nicht den Hass und die Menschenverachtung, die uns umgibt? Doch wir sehen es und leiden darunter. Was wir aber niemals zulassen dürfen ist, von dem Hass und der Arroganz dieser Welt angesteckt zu werden.

Als Christen wissen wir: Hass hat keine Zukunft! Lassen wir uns also nicht verunsichern und entmutigen, wenn unsere Liebe immer wieder auf Ablehnung und Widerstand stößt, wenn wir oft den Eindruck haben, wir seien die Dummen dieser Welt, wenn wir nicht auf Härte mit Härte antworten, wenn wir oft unter der Ohnmacht unserer Liebe leiden.

Die Liebe ist stärker. Die Liebe siegt am Ende. Das Wagnis der Liebe lohnt sich.

Der gekreuzigte Herr zeigt uns, dass die Liebe stärker ist als Kreuz und Leid. Das Leiden, das Kreuz, das Begraben-Sein hat ein Ende. Hinter dem Kreuz, hinter dem Karfreitag strahlt die Auferstehung auf! Das Kreuz ist durch die Liebe überwunden.

Sicher, wir machen alle die Erfahrung, dass das Leben schwer und dunkel werden kann. Enttäuschungen, Sorgen, Arbeitslosigkeit, physische oder psychische Krankheiten machen uns zu schaffen. Ostern schafft das nicht einfach aus der Welt.

Aber Ostern, das wir auf Armenisch „ZATIK“ nennen und was AZATVEL, sich zu erlösen, sich zu befreien“ heißt, hilft uns nicht aufzugeben. Sie hilft uns, damit wir nicht resignieren und verzweifeln. Sie schenkt uns Hoffnung, dass Gott auf unserer Seite steht, dass er uns befreien wird, erlösen wird und lebendig machen wird.

Die Liebe besiegt heute den Tod, meine Lieben.

Sie ist stärker als der grausame Tod. Wir lernen es gerade heute von unserem Herrn, dem Auferstandenen Jesus Christus.

Ja, die Liebe will Ewigkeit. Und doch auch da erfahren wir immer wieder den schmerzvollen und bitteren Leid, dass auch geliebte Menschen sterben. Enttäuscht und verletzt stehen wir dann da und wissen nicht mehr weiter, biss wir erneut die Frohe Botschaft hören: Christus ist auferstanden von den Toten. Er hat den Tod besiegt! Die Liebe ist stärker als der Tod, weil es einen gibt, der jeden einzelnen von uns liebt und der deshalb auch zu jedem von uns sagt: „Du darfst nicht sterben! Du sollst leben!“ Und dieser eine ist der treue und liebende Gott. Und seine Liebe ist stärker als der Tod. Denn durch Seine Auferstehung schenkt er uns Leben, und zwar Leben in der Ewigkeit.

Ostern „übertrifft alle menschlichen und irdischen Feste in einer solchen Weise, wie die Sonne die Sterne übertrifft“, bezeugt der Hl. Gregorios der Theologe. Deshalb gibt es für einen Christen keinen festlicheren und größeren Tag als den Tag der Auferstehung Christi, der uns das Heil und das ewige Leben bringt.

Die Überwindung des Todes, der Sieg des Erlösers über die Mächte der Hölle gibt jedem Menschen die Möglichkeit, sein Leben zu verändern und „Anteil an der göttlichen Natur“ (2 Petr 1, 4) zu erhalten, „gerecht zu werden dank Seiner Gnade, durch die Erlösung in Jesus Christus“ (Röm 3, 24). Nichts bleibt außerhalb dieses göttlichen Wirkens, sondern alle Seiten der menschlichen Natur werden verwandelt, geheilt und zu ihrer Gottebenbildlichen Würde erhoben.

Liebe Gemeinde, unser Diözesanbischof Serovpé Isakhanyan, lädt uns alle heute dazu ein, dieses österliche Fest zu nutzen und gerade in der heutigen Zeit, unsere Herzen zu öffnen, um das Licht der Auferstehung in uns hineinwirken zu lassen. Diese Einladung gebe ich euch allen weiter und bitte euch alle: öffnet eure Herzen für Gott, für den Auferstandenen Jesus Christus, bleibt nicht fern von seiner Kirche, von unserer Kirche, kommt zu den Gottesdiensten, beteiligt euch am Leben unserer Gemeinde, denn nur hier, in seiner Kirche, in seinem Haus werdet ihr an Seiner Liebe teilhaben, seinen Segen erfahren, Seine Gaben genießen.

Jeder Einzelner von euch, meine Lieben, ist Teil dieser Gemeinde, des Leibes Christi. Wenn einer von euch fehlt, tut es dem gesamten, dem ganzen Körper weh. Hier seid ihr alle Zuhause. Hier seid ihr alle herzlichst willkommen. Hier wartet auf euch der Auferstandene Herr Jesus Christus, um euch zu umarmen, um euch an Seinem Leib und Blut teilhaben zu lassen, um euch das Leben zu schenken!

Heute ist mein Herz mit Freude erfüllt, weil ich euch alle hier sehe. Auch ich hoffe und bete zu Gott, damit Er heute euer Herz berührt und ihr nicht nur von Ostern zu Ostern in sein Haus, in seine Kirche, in unsere Kirche, in unsere Gemeinde kommt, sondern an jedem Gottesdienst. Und nicht nur kommt, sondern euch beteiligt, mitbetet, mitwirkt, mitmacht und mitfreut.

Nimmt diese Hoffnung mit nach Hause und steckt auch andere damit an. So werdet ihr euren Beitrag dazu leisten, dass Ostern nicht nur ein festlicher Gottesdienst bleibt, sondern treibende und hoffnungsvolle Kraft in unserem Leben und in unserer Welt!

Ich gratuliere euch alle zum Fest der Auferstehung unseres Herrn. Freut euch und lasst uns einander mit dieser frohen Botschaft 40 Tage lang grüßen und sagen:

ՔՐԻՍՏՈՍ ՅԱՐԵԱՒ Ի ՄԵՌԵԼՈՎ
CHRISTUS IST AUFERSTANDEN VON DEN TOTEN

Euer Pfarrer Diradur Sardaryan
Ostern 2022, Stuttgart