Die Armenische Gemeinde Baden-Württemberg e.V., in Kooperation mit dem Theater der Altstadt Stuttgart und dem Jugendamt des Bezirks Wangen (Stuttgart), bietete bildungsbenachteiligen Kindern aus Stuttgart die Möglichkeit an, durch professionell begleitete Workshops, eigene musikalische und theatralische Projekte zu entwickeln und diese der Öffentlichkeit präsentieren. Das Projekt wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung (2018 – 2022)“.

Um die Ziele des Projekts zu erreichen, wurden in der Phase von Januar bis Juni Workshops mit professionellen Kräften und Helfern organisiert. Kinder und Jugendliche sollten dadurch die Möglichkeit bekommen, sich mit Themen wie Heimat, Identität, Fremdsein künstlerisch auseinandersetzen. Die Themen wurden in 20 verschiedenen Workshops behandelt. Jeder Workshop hatte einen anderen künstlerischen Schwerpunkt, wie etwa Musik, Schauspiel, Sprache, Schreiben oder Requisitenbau. Die Workshops fanden im Bürgerhaus Lamm in Stuttgart-Wangen im Zeitraum zwischen Januar und Juni 2022, gefolgt von einer Intensivwoche in den Räumlichkeiten des Theaters der Altstadt statt. Das erarbeitete Stück wurde anschließend im Theater der Altstadt urauffgeführt.

Es wurde Wert daraufgelegt, den Kindern und Jugendlichen u.a. auch Einblick in die Arbeit eines professionellen Theaters zu geben. Daher beinhalteten die Workshops gleichsam thematisch inhaltliche, als auch methodisch/pädagogisch wertvolle Inhalte, wie sie auch in der Jugendtheaterarbeit zum Einsatz kommen. Bei der Wahl der Workshopthemen wurde auf das breite Know-How des Theaters zurückgegriffen, da hauptsächlich Schauspieler und Theaterpädagogen für die Workshops zuständig waren. Pädagogische Hilfskraft unterstütze die Arbeit der Fachleute.

Da sich unsere Gruppe aus Kindern zusammensetzte, die nicht nur multinational, sondern auch mehrsprachig waren, wurde beschlossen u.a. das Thema Sprache, Mehrsprachigkeit und Bilingualität detaillierter auszuarbeiten. Die Kinder untersuchten mögliche Wortspiele in verschiedenen Sprachen, erfanden Geschichten in Sprachen, die sie nur vom Klang her kennen, und versuchten, die Sprache zu erraten, indem sie nur ein paar Wörter hörten. Gemeinsam haben die Kinder an einem interessanten Quiz teilgenommen, um ihr Wissen zu erweitern. Mit überwiegend biografischen Methoden wurden auch Text-Fragmente und längere kreative Texte rund um das Thema Heimat geschrieben. Es spiegelte sich eine breite Auslegung des Heimatbegriffs wider. Die Texte dienten als Basis für die Szenen des Stückes, wodurch die Teilnehmer ihre Erfahrungen in einen gesellschaftsrelevanten Kontext setzen konnten.

Auch den musikalischen Aspekt der Theaterarbeit dürften die Teilnehmer kennenlernen. Dabei werden eingangs Beispiele aufgeführt, welchen Effekt Musik auf die Wahrnehmung verschiedener Szenen und Situationen haben kann. Um das Projektthema Heimat zu thematisieren, entwickelten die Teilnehmer Melodien, die durch assoziative Gedanken mit ihrem Heimatverständnis entstanden sind. Es wurden zudem Rhythmik und Gruppendynamik als besondere Bestandteile des gemeinsamen Musizierens behandelt und geübt. Den Teilnehmern wurde veranschaulicht, wie der Prozess der Entwicklung eines Theatersoundtracks ablaufen kann. Dabei waren für die Teilnahme am Kurs keinerlei musikalische Vorkenntnisse nötig.

Es wurden den Teilnehmern auch Grundlagen des Schauspielhandwerks vermittelt. Die Teilnehmer spielten und entwickelten Szenen mit vorgegebenem Text. Im Fokus stand insbesondere die vielschichtige Arbeit mit Texten und Fragen nach der Veränderbarkeit einer Textaussage im Zusammenhang mit Mimik, Gestik, Betonung und Emotion. Als ergänzende Komponente zu der Reihe Schauspiel-Workshops, lag der Schwerpunkt im Szene- und Dialogworkshop auf der verbalen, interaktiven Ebene. Hierbei wurden verschiedene Dialogsituationen erforscht und entwickelt, in denen sich die Teilnehmer zurechtfinden mussten.

Fazit: Die Teilnehmer konnten während des Projekts verschiedene Künstler und Arbeitsweisen kennen lernen. Sie hatten die Möglichkeit, in unterschiedliche Methoden der Schauspielkunst und Stückentwicklung zu schnuppern und selbst kreativ zu werden. Die Teilnehmer haben sich außerdem nicht nur auf kognitiver, sondern auch emotionaler Ebene mit dem Thema Heimat auseinandergesetzt. Sie konnten nicht nur durch die Entwicklung eines eigenen Stückes, sondern auch durch das öffentliche Zeigen ihrer Ideen und Überzeugungen wichtige Selbstwirksamkeitserfahrungen machen, sowie die Kraft ihrer eigenen Stimme und Meinung als Baustein unserer Gesellschaft zu begreifen.