Die Hl. Apostel St. Thaddäus und St. Bartholomäus
Die Hl. Apostel St. Thaddäus und St. Bartholomäus
Lichtträger des Glaubens
Heute gedenkt die Armenische Apostolische Kirche die Heiligen Aposteln Thaddäus und Bartholomäus. Diese Männer, von denen einer einst als einfacher Handwerker und der andere als Gelehrter bekannt war, wurden durch ihre Nähe zu Christus zu unerschütterlichen Glaubensboten, die das Evangelium in ferne Länder trugen. Sie wurden zu Ersterleuchter Armeniens. Ihr Glaube, ihr Opfer und ihre Botschaft sind ein inspirierendes und identitätsstiftendes Erbe, das auch uns heute inspiriert.
Die Berufung
Thaddäus, auch als Judas Thaddäus oder Lebbäus bekannt, war einer von Jesu zwölf engsten Nachfolgern. Über sein Leben vor der Begegnung mit Jesus wissen wir wenig, doch die Evangelien zeigen ihn als mutigen Fragesteller, der in einem Moment des Zweifelns an Jesus wandte: „Herr, warum offenbarst du dich uns und nicht der Welt?“ (Joh 14,22). Seine Frage offenbart die menschliche Seite dieses Apostels: das Suchen, das Verstehenwollen. In seiner Nachfolge wurde Thaddäus zu einem Mann, der das Evangelium ohne Furcht in die Welt hinaustrug.
Bartholomäus hingegen, oft mit Nathanael gleichgesetzt, wird in der Bibel als „ein wahrer Israelit, in dem kein Falsch ist“ beschrieben (Joh 1,47). Ursprünglich aus Kana in Galiläa stammend, könnte Bartholomäus aus einer wohlhabenden Familie gekommen sein. Seine erste Begegnung mit Jesus war geprägt von einer Offenbarung: „Du bist der Sohn Gottes, du bist der König Israels!“ (Joh 1,49). Seine Berufung zeigt, dass Jesus in ihm nicht nur einen Schüler, sondern einen Botschafter für das Reich Gottes sah.
Bedeutung und Wirken in der frühen Kirche
Nach der Himmelfahrt Jesu gingen die Apostel hinaus, um seiner Anweisung zu folgen: „Macht alle Völker zu meinen Jüngern“ (Mt 28,19). Thaddäus führte ihn sein Weg nach Edessa (Armenien), wo er den Hl. König Abgar heilte, der an einer schweren Krankheit litt. Diese Heilung überzeugte nicht nur den König, sondern auch viele seiner Untertanen, das Christentum anzunehmen. Thaddäus gründete in Edessa eine christliche Gemeinschaft und setzte mit Addai einen Bischof ein, bevor er seine Mission in Armenien fortsetzte.
Bartholomäus hingegen reiste bis nach Indien und brachte das Evangelium später nach Armenien. Dort predigte er im Gebiet Goghtn und gründete Kirchen an Orten, wo einst heidnische Tempel standen. Es wird überliefert, dass er eine Ikone der Gottesmutter mitbrachte und ein Kloster errichtete. Seine Predigten überzeugten viele, darunter auch Angehörige des armenischen Königshauses.
Legenden und Überlieferungen
Die Überlieferungen über die beiden Apostel sind reich an Legenden, die ihre Missionen und ihren Tod schildern. Thaddäus soll nach seinem Eintreffen in Armenien den König Sanatruk und dessen Tochter Sanducht bekehrt haben. Doch Sanatruks späterer Abfall vom Glauben führte zu einer brutalen Christenverfolgung, bei der Thaddäus und die erste armenische Märtyrerin, Sanducht, ihr Leben ließen.
Bartholomäus erlitt ein nicht minder grausames Martyrium: Man sagt, ihm wurde bei lebendigem Leib die Haut abgezogen, bevor er enthauptet wurde. Trotz dieser Grausamkeiten wird in der Tradition erzählt, dass er bis zuletzt betete und den Armeniern Gottes Segen zusprach. Die Begegnung der beiden Apostel auf einer Brücke in Artaschat bleibt eine bewegende Legende, die ihre tiefe Verbundenheit und ihre Mission für Armenien symbolisiert.
Was bedeuten sie uns heute?
Die Geschichten von den Hl. Apostel Thaddäus und Bartholomäus sind weit mehr als historische Episoden. Sie sprechen zu uns als Zeugnisse eines Glaubens, der keine Grenzen kennt. Beide Apostel gaben ihr Leben, um anderen das Licht des Evangeliums zu bringen. Ihre Hingabe, ihr Mut und ihr Opfer sind Vorbilder, die auch uns herausfordern: Sind wir bereit, wie sie unser Leben für den Glauben einzusetzen? Wie können wir in unserem Alltag „Apostel“ sein, Lichtträger in einer Welt voller Dunkelheit?
Ihre Mission erinnert uns daran, dass der Glaube immer auch eine Verantwortung ist – eine Verantwortung, die Hoffnung, Liebe und Gerechtigkeit, die wir empfangen, mit anderen zu teilen. In den Worten eines armenischen Geistlichen: „Was sind wir bereit zu tun, um unser Land und unsere Welt zu einem besseren Ort zu machen?“
Eine Botschaft der Inspiration
Wenn wir uns heute an Thaddäus und Bartholomäus erinnern, denken wir nicht nur an die Vergangenheit, sondern auch an die Gegenwart und Zukunft. Ihre Geschichten lehren uns, dass jeder von uns berufen ist, ein Licht in dieser Welt zu sein. Vielleicht wird unser Glaube nicht auf die Probe gestellt wie ihrer, doch die Herausforderungen unseres Alltags laden uns ein, unsere Berufung ernst zu nehmen: Sei es durch ein ermutigendes Wort, eine helfende Hand oder ein Gebet für diejenigen, die in Not sind.
Die Apostel Thaddäus und Bartholomäus haben Armenien mit dem Licht Christi erfüllt. Heute sind wir eingeladen, dieses Licht weiterzutragen – in unsere Familien, Gemeinden und in die Welt. Denn wie sie es uns vorgelebt haben: Ein Leben im Glauben kann die Welt verändern.
Dieser Beitrag wurde 2. Dezember 2023 zum ersten Mal geschrieben
und am 30. November 2024 aktualisiert.
Das Kloster St. Thaddäus (Heute in Iran)
Tief im nordwestlichen Iran, in der Provinz West-Aserbaidschan, erhebt sich das ehrwürdige Kloster St. Thaddäus, das in der Region liebevoll als „Schwarze Kirche“ bekannt ist. Dieses monumentale Zeugnis der frühen christlichen Geschichte steht etwa 20 Kilometer südlich der Stadt Maku und gilt als eine der ältesten Kirchen der Welt. Es ist ein Ort von unvergleichlicher spiritueller und kultureller Bedeutung, der die tiefe Verwurzelung des Christentums in der Region widerspiegelt.
Nach armenischer Überlieferung wurde das Kloster im Jahr 66 n. Chr. von Judas Thaddäus gegründet, einem der Apostel Jesu und einem der ersten Missionare, die das Evangelium nach Armenien und in die umliegenden Regionen brachten. Hier fand Thaddäus sein Martyrium, und sein Grab, das sich in einer Nische neben dem Altar befindet, ist bis heute ein Ort des Gebets und der Andacht.
Die Baugeschichte des Klosters spiegelt eine Geschichte von Zerstörung und Erneuerung wider. Ein Erdbeben im Jahr 1319 zerstörte die ursprünglichen Gebäude fast vollständig. Doch in den Jahren danach erstanden die Mauern wieder, errichtet aus dunklem Stein, der dem Kloster seinen Beinamen verlieh. Später erneuerten persische Herrscher, darunter Abbas Mirza aus der Kadscharen-Dynastie, das Bauwerk, wodurch die Kirche ihre heutige Form erhielt.
Die Architektur des Klosters beeindruckt mit ihren hohen Mauern, die nicht nur Schutz, sondern auch spirituelle Abgeschlossenheit symbolisieren. Innerhalb der Anlage finden sich kunstvoll verzierte Reliefs mit Szenen aus der Bibel, Heiligendarstellungen und floralen Mustern – ein Zeugnis meisterlicher Handwerkskunst. Neben der Kirche gibt es auch Wirtschaftsräume wie Küchen und Mühlen, die das Kloster zu einem autarken Zentrum machten.
Heute ist das Kloster St. Thaddäus weit mehr als ein historisches Denkmal. Einmal im Jahr, am Gedenktag des Apostels Thaddäus, wird es zu einem lebendigen Wallfahrtsort, der Gläubige aus der ganzen Welt anzieht. Seit 2008 gehört es zum UNESCO-Weltkulturerbe, und 2020 wurde die Pilgerfahrt dorthin als immaterielles Kulturerbe anerkannt. In diesen Tagen wird die Geschichte lebendig, während die Pilger in den Mauern der „Schwarzen Kirche“ beten und ihre Verbundenheit mit der tiefen Tradition ihres Glaubens erneuern.
Das St. Bartholomäus-Kloster:
Ein stummer Zeuge vergangener Größe
Hoch oben im armenischen Hochland, nahe dem heutigen Dorf Albayrak in der türkischen Provinz Van, thront das Bartholomäus-Kloster auf einem Hügel. Von hier aus bietet sich ein atemberaubender Blick über das Tal des Großen Zap – ein Anblick, der genauso majestätisch ist wie die Geschichte dieses Ortes.
Das Kloster markiert einen heiligen Boden, auf dem der Apostel Bartholomäus, einer der ersten Missionare Armeniens, sein Martyrium erlitt. Zusammen mit Thaddäus gilt er als Schutzpatron der Armenisch-Apostolischen Kirche und als einer der Gründungsväter des armenischen Christentums.
Die Ursprünge des Klosters reichen weit zurück. Während schriftliche Erwähnungen aus dem Jahr 1398 datieren, vermutet man, dass es bereits in der frühchristlichen Zeit errichtet wurde. Über die Jahrhunderte wurde es mehrfach erneuert, zuletzt in den Jahren 1755 und 1878. Doch das Schicksal des Klosters ist auch von Zerstörung und Verlust geprägt. Während des Armenischen Völkermords 1915 wurde es von militärischen Kräften besetzt, und ein Erdbeben im Jahr 1966 fügte den ohnehin schwer beschädigten Strukturen weiteren Schaden zu. Die prächtige Kuppel, die einst den Himmel zu berühren schien, ist heute verschwunden.
Doch selbst in seinem ruinösen Zustand bewahrt das Bartholomäus-Kloster seine Bedeutung. Es steht für die Stärke des Glaubens, der selbst in Zeiten größter Verfolgung nicht erloschen ist. Hoffnung keimt auf, dass dieses Symbol christlicher Geschichte wieder auferstehen könnte. Türkische Behörden planen eine Restaurierung, die nicht nur der historischen und spirituellen Wiederbelebung dient, sondern auch touristisches Interesse wecken soll.
Für Armenier bleibt das Kloster ein untrennbarer Teil ihrer Identität. Es erzählt die Geschichte eines Glaubens, der die Jahrhunderte überdauert hat, und erinnert an die Apostel, deren Leben und Tod diesen Ort geweiht haben. Es ist ein stiller Zeuge vergangener Größe, der auf eine Zukunft hofft, in der seine Mauern wieder mit Leben und Gebet erfüllt werden können.