Am 27. September um 07:10 Uhr erfolgte eine groß angelegte Offensive Aserbaidschans entlang der Kontaktlinie mit Artsakh (Berg-Karabach), aber auch in Teilen entlang der armenisch-aserbaidschanischen Staatsgrenze.

Die aserbaidschanische Armee beschießt gezielt u. a. zivile Siedlungen, Schulen und Kindergärten, und zwar nicht nur in Artsakh sondern auch in Armenien. Dabei kommen Panzer, Artillerie, Drohnen, Raketen und Flugzeuge zum Einsatz. Es gibt bereits jetzt zahlreiche Opfer unter der Zivilbevölkerung.

Zwei wichtige Merkmale kennzeichnen die gegenwärtige Aggression gegen Artsakh: a) Der Präsident Aserbaidschans verzichtet öffentlich auf den Friedensprozess und will den Konflikt durch einen großangelegten Krieg lösen; b) Die Türkei hat ihre einseitige großangelegte militärische und politische Unterstützung an Aserbaidschan angeboten, was Aserbaidschan auch gerne annimmt.

In der Presse (z.B. Reuters oder The Guardian) wurden bereits Informationen verbreitet, wonach die Türkei auch islamistische Kräfte aus Syrien nach Aserbaidschan verlegt. „Asianews“ z.B. zitiert eine Talkshow des Senders “Orient” der syrischen Islamisten. Die “Kämpfer” sprechen offen von einem “Heiligen Krieg der Muslime gegen die Christen”, wobei die Angriffe auf Artsakh und Armenien Teil dieses „heiligen Krieges“ seien.

Wir verurteilen die Aggression Aserbaidschans gegenüber der Bevölkerung von Artsakh und Armenien auf das Schärfste. Besonders besorgniserregend ist die offensichtliche und öffentliche Haltung der Türkei, die schon seit geraumer Zeit davon spricht, auf jedwede Art und Weise Aserbaidschan zu unterstützen. „Im Kampf Aserbaidschans für die Befreiung der besetzten Gebiete stehen wir an der Seite unserer Brüder“, so der türkische Verteidigungsminister Mitte August in Baku.

Wir appellieren an alle demokratischen Kräfte, aber auch unsere Schwesterkirchen, sich dafür einzusetzen, dass dieser Aggression vor Europas Haustür Einhalt geboten wird.

Die internationale Gemeinschaft sollte die Frage stellen: Inwieweit ist es gerechtfertigt, dass die Türkei weiterhin als Mitglied der Minsk-Gruppe der OSZE bleibt? Wie kann sie ihre Rolle als Vermittler wahrnehmen, wenn sie bereits einseitig ihre Unterstützung für Aserbaidschan ausgesprochen hat. Wir denken, dass die Präsenz der Türkei in diesem Format den Konflikt nur destruktiv beeinflussen wird.

Die Weltgemeinschaft muss dringend das Lebensrecht und somit die Unabhängigkeit der Republik Artsakh (Berg Karabach) anerkennen. Das Recht auf Selbstbestimmung der Völker hat Vorrang vor dem Recht auf territoriale Integrität eines Landes, sobald die Gefahr eines Völkermordes besteht. Die Massaker von Sumgait und Baku, die armenophobe Haltung der Republik Aserbaidschan und der Republik Türkei, die Nicht-Anerkennung des Völkermordes, das Töten eines schlafenden Offiziers mit einer Axt, die Verstümmelung der Leichen und die unzähligen Unmenschlichkeiten des asero-türkischen Tandems sprechen Bände darüber.

Die Bevölkerung von Artsakh will ihr Recht auf ein Leben in Freiheit nicht in die Hände einer Diktatur legen, die sich nicht davor scheut, auch Völkermorde zu begegnen. Wir sind alle gefordert, Artsakh zu unterstützen! Wir beten für den Frieden in der Region und bitten unsere Freunde und Geschwister, sich für die Wiederherstellung des Friedens einzusetzen.

Gemeindepfarrer und Vorstand
der Armenischen Gemeinde Baden-Württemberg