Weihnachtspredigt 2022

des Primas der Armenischen Kirche in Deutschland
S. E. Bischof Serovpé Isakhanyan

Liebe Schwestern und Brüder,

heute ist Weihnachten, das Geburtsfest unseres Herrn Jesus Christus, mit den Worten des armenischen Weihnachtshymnus „ein großes und wunderbares Mysterium“. Die während der heutigen Hl. Weihnachtsliturgie vorgelesene Lesung aus dem Neuen Testament erzählt uns erneut die wundervolle Geschichte der Hl. Geburt Jesu Christi. Es ertönen viele uns bekannte Gesänge und Hymnen – seelenrührende Werke der ruhmreichen heiligen Väter unserer Kirche․ Die Engel vom Himmel verkünden fröhlich: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden, den Menschen seines Wohlgefallens“. Es wärmt unser Herz, erfüllt uns mit einem warmen und angenehmen Gefühl. Es liegt etwas Geheimnisvolles in der Luft.

Was feiern wir heute? – die Geburt eines Kindes. Aber ein Kind, das der Sohn Gottes ist, der Retter der Menschheit, der Fürst des Friedens. Ein Kind, das uns glauben und bekennen lässt, dass „Gott mit uns ist“. Wir feiern die Geburt von Jesus Christus, dem Sohn Gottes, der auch der Menschensohn ist, geboren von Maria. Das Kind, das heute geboren wird, ist der Beweis für Gottes unendliche Liebe zu uns Menschen. Maria bringt dieses Kind zur Welt, weil Gott uns liebt. Die Liebe Gottes ist der wahre Grund für die Geburt Jesu. Im Jesuskind und mit ihm kommt Gott mit all seiner Liebe zur Welt. Gott wird Mensch und wird als Kind geboren. Jesus vereint in sich Himmel und Erde. Dies ist das große und wunderbare Mysterium von Weihnachten, das wir jedes Jahr feiern.

Bei der Geburt Jesu sangen und lobpriesen ihn die Engel im Himmel, und Hirten und Weise kamen, um ihn anzubeten. Jetzt stehen wir vor einer weihnachtlichen Krippe. Heute wird uns die Gelegenheit gegeben, uns vor dem Mensch gewordenen Erlöser zu verneigen und ihn zu verherrlichen – nicht nur mit unserem Mund, sondern auch mit unseren Herzen und wahrhaftig, mit aufrichtigem Glauben und guten Werken, durch unsere fromme Lebensweise. Auf diese Weise wird der göttliche Rat im menschlichen Leben verwirklicht und Gottes Vorsatz in unserem individuellen, familiären, gemeinschaftlichen und öffentlichen Leben bewahrheiten. Auf diese Weise werden wir zulassen, dass sich die Liebe Gottes überall ausbreitet und der Wille Gottes auf Erden herrscht – „Dein Wille geschehe…“. Nur so wird die Geburt Jesu für uns alle zu einem Weihnachtsfest.

Wir suchen Gott oft in der Ferne, in unzugänglichen Himmeln, obwohl Gott bei uns ist durch seinen eingeborenen Sohn Jesus Christus. Ihn brauchen wir nicht in der Ferne zu suchen. Er ist mit uns, neben uns, in uns, unter uns. Ihn sollen wir heute und immer auch in unserem Nächsten, in den Menschen um uns herum suchen und finden.

Die christliche Kirche feiert die Geburt des Herrn nicht wie ein Ereignis, das sich vor mehr als 2.000 Jahren geschah und sich vor einigen wenigen Menschen ereignete. Weihnachtsgeschichte ist kein schönes Märchen, das der Welt seit mehr als 2020 Jahren immer wieder erzählt wird. Wir glauben an den ewigen Christus Jesus, der „gestern und heute und in Ewigkeit ist“. Jesus ist nicht geboren, um 33 Jahre zu leben und zu verschwinden. Und an ihn ist nicht nur eine bloße Erinnerung geblieben. Er ist auch heute eine bleibende und ewige Gegenwart. Er ist auch Herr und Retter des heutigen Menschen. Der christliche Glaube wurzelt im Glauben des lebendigen Gottes, der uns durch Jesus Christus, mit ihm und durch ihn vergegenwärtigt wurde und wird. Das ist der christliche Glaube. Und diesen Glauben soll man haben, am Leben erhalten, nicht verlieren, weitergeben. Und der beste Ort und Weg, diesen Glauben lebendig zu halten, miteinander zu leben und an die nächste Generation weiterzugeben, ist für uns Armenier die Armenische Kirche, angefangen vom St. Etschmiadzin, dem nie verstummenden Siegel Gottes auf dem Boden unseres Heimatlandes, bis in alle Ecken der Welt, „dem Geburtsort der armenischen Seele“, der durch Jesus Christus „einen geheimen Weg zum Himmel hat“.

Angesichts aller gegenwärtigen Herausforderungen des Lebens schenkt uns Gott in Jesus Christus auch heute Hoffnung und Zuversicht, die wir wie Luft und Wasser brauchen, insbesondere in diesen schwierigen und unsicheren Zeiten der Corona-Pandemie, in Hinblick auf die besorgniserregenden geopolitischen Entwicklungen um unser Heimatland Armenien und Arzach, angesichts des zerbrechlichen Friedens auf der ganzen Welt. Öffnen wir zum Sohn Gottes unsere Herzen hin und lassen ihn zu, in uns und durch jeden von uns zu wirken, damit unsere individuellen und gemeinschaftlichen Hoffnungen wahr werden und in Erfüllung gehen. In diesem Sinne soll Weihnachten ein besinnliches Fest für uns alle sein, in unserem Privatleben, in unseren Familien, in unserer Gemeinschaft, in unserem Land, denn Jesus ist gestern und heute für uns geboren.

Den Segen des neugeborenen Heilandes ersuchend wünsche ich allen Institutionen und Einrichtungen unserer deutsch-armenischen Gemeinschaft, den Diözesan- und Gemeindegremien, dem Klerus, den Mitgliedern unserer Gemeinschaft alles erdenklich Gute zum neuen Jahr 2022 und zum Weihnachtsfest.
Zusammen mit Seiner Heiligkeit Karekin II., dem Obersten Patriarchen und Katholikos Aller Armenier, und der gesamten armenischen Geistlichkeit bete ich für den Wohlstand unserer geliebten Heimat, der Republik Armenien, und für den Frieden auf der ganzen Welt und insbesondere an unseren Grenzen. Ich bete für die Verwirklichung der gerechten Rechte und Erwartungen unserer Schwestern und Brüder in Arzach. Ich bete für die Armenische Kirche und die Standhaftigkeit vom Muttersitz St. Etschmiadzin, für den erfolgreichen Dienst unserer Diözese und Gemeinden. Gott beschütze uns alle.

Frohes neues Jahr und gesegnete Weihnachten!
„Christus ist geboren und erschienen“.
„Eine große frohe Botschaft euch und uns“. Amen!

Bischof Serovpé Isakhanyan
Primas der Armenischen Kirche in Deutschland
6. Januar 2022