Weihnachten und Epiphanie 2024
Das Fest der Geburt und Taufe Christi
in unserer Gemeinde
Das Weihnachtsfest wird in der armenischen Tradition am 6. Januar gefeiert. An diesem Tag erinnern wir uns an die Geburt Christi durch die Jungfrau Maria in Bethlehem. So begann die Geschichte der Erlösung der Menschheit. Der Herr erschien als schutzloses Kind in die Welt, übernahm die Gestalt eines Menschen, um durch die irdischen Hürden, das Leiden und den Tod zu gehen, und legte dann durch Seine Auferstehung den Weg ins Himmelreich frei.
Die Weihnachtsgeschichte
Über die Geburt des Erlösers und die damit verbundenen Ereignisse erfahren wir von den Evangelisten Matthäus und Lukas, die ihre Berichte wahrscheinlich von der Heiligen Jungfrau Maria selbst erhalten haben. Die Erzählungen der Apostel sind unterschiedlich, ergänzen sich jedoch auf erstaunliche Weise.
Matthäus spricht weniger über die Geburt selbst, sondern mehr über die Ereignisse davor und danach: wie ein Engel das Missverständnis des verlobten Josef zerstreute, als er von der Schwangerschaft der Jungfrau Maria erfuhr; wie die Weisen dem neugeborenen Kind huldigten. Lukas hingegen beginnt mit der Erscheinung des Engels bei der Jungfrau Maria selbst: „Du hast bei Gott Gnade gefunden“, verkündete der Engel ihr, „Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn wirst du gebären; dem sollst du den Namen Jesus geben. Er wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in Ewigkeit herrschen und seine Herrschaft wird kein Ende haben“ (Lukas 1:30–33). Danach beschreibt der Evangelist Lukas die Umstände der Geburt: „Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen… Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa… in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war“ (Lukas 2:1–7).
Die Bedeutung des Festes
Die Geburt Christi ist ein Ereignis, das eigentlich unbegreiflich lässt. Der Schöpfer des Universums, der den gesamten Raum durchdringt und dabei nicht von ihm begrenzt ist, ewig und allwissend, absolut immateriell, trat in unsere irdische Zeit und Raum ein und wurde zu einer handelnden Figur in der Geschichte der Menschheit!
Der Sohn Gottes, der niemals aufhörte, Gott zu sein, wurde auch Mensch – einmal für immer! Zuerst als Frucht, die im Leib der Jungfrau Maria entstand; dann als hilfloses Kind, geboren in einem Viehstall; und schließlich als wandernder Prediger, der gezwungen war, alle Einschränkungen und Mühen des gewöhnlichen irdischen Lebens zu ertragen, der Hunger und Durst erlebte, Kälte und Hitze, Krankheit und Schlafmangel, ohne einen Ort zu haben, um sein Haupt zu neigen…
Gott wird Mensch. Warum? Damit der Mensch seine Bestimmung verwirklicht; damit er wieder mit Gott „von Angesicht zu Angesicht“ sprechen kann, wie einst Adam; damit er ein unverfälschtes Bild und Gleichnis Gottes wird.
In der „Abhandlung über die Menschwerdung des göttlichen Wortes“ erklärt der heilige Athanasius von Alexandrien, dass es für Gott keine andere Möglichkeit gab, die gefallene Menschheit zu retten. Die von ihm für das ewige Leben erschaffenen Menschen wurden vom Tod beherrscht; „die menschliche Rasse verfaulte… und das von Gott geschaffene Werk ging zugrunde.“ Der Mensch starb, weil er das göttliche Gebot gebrochen hatte, nicht von der Frucht des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse zu essen. Dieses Gebot nachträglich aufzuheben, konnte Gott nicht mehr: Er wäre mit sich selbst in Widerspruch geraten. Es ergab auch keinen Sinn, von den Menschen Buße zu erwarten: Gott hätte sie sicherlich vergeben, aber die Buße hätte ihnen die Unsterblichkeit nicht zurückgegeben, denn wie viele Sünden waren bereits begangen… Es ergab sich, so sagt Athanasius, „etwas Unverträgliches und gleichzeitig Unanständiges“.
Deshalb, sagt er, kommt das „körperlose, unvergängliche, immaterielle göttliche Wort in unsere Sphäre“ und „nimmt einen Leib an, der uns nicht fremd ist“, um gemäß Seinem eigenen Gebot, als Mensch zu leiden und zu sterben, um dann durch die Kraft Gottes aufzuerstehen und den Tod zu vernichten.
Kurz gesagt, wurde die Geburt Christi der erste Schritt, den Gott unternahm, um Seine Schöpfung vor der Sünde und den unausweichlichen Konsequenzen – dem Tod – zu retten.
Epiphanie (Մկրտություն)
Epiphanie – Das Fest der Taufe des Herrn, ist eine Erinnerung an das evangelische Ereignis, als Christus ans Ufer des Jordan kam und von Johannes dem Täufer getauft wurde (Matthäus 3:13-17; Markus 1:9-11; Lukas 3:21-22). Im originalen Evangelientext in Griechisch wird die Taufe durch das Wort „βάπτισμα“ bezeichnet, was wörtlich „Eintauchen in Wasser“ bedeutet.
Johannes predigte unter den Juden die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden (Markus 1:4): Wenn die Menschen zum verlassenen Ufer des Jordans zu Johannes dem Täufer kamen, bekannten sie ihre Unrechtschaffenheit und wuschen sie symbolisch im Flusswasser ab. Als der sündenlose Christus zu Johannes dem Täufer kam und ebenfalls den Wunsch äußerte, getauft zu werden, war dieser erstaunt: „Ich habe nötig von dir getauft zu werden, und du kommst zu mir?“ (Matthäus 3:14). Die Antwort war: „Lass es jetzt geschehen; denn so gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen“ (Matthäus 3:15), das heißt, den Willen Gottes zu tun. Christus als Mensch musste alle Bestimmungen des jüdischen Gesetzes erfüllen, um es zu überwinden und Sein neues gnädiges Gesetz zu geben. Johannes blieb nichts anderes übrig, als Jesus zur Taufe zuzulassen.
Unmittelbar danach kam der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf Christus herab, und eine Stimme aus dem Himmel sagte: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.“ (Lukas 3:22). Dadurch bezeugte Gott der Vater, dass Jesus nicht nur der Sohn des Menschen, sondern auch der Sohn Gottes ist. So manifestierten sich zum ersten Mal alle Personen der Heiligen Dreifaltigkeit auf sichtbare Weise in diesem Ereignis, weshalb das Fest auch den Beinamen „Erscheinung des Herrn“ (Աստվածհայտնություն) trägt.
Die Bedeutung des Festes
Christus musste nicht seine Sünden abwaschen – er hatte keine. Aber er kam in die Welt, um die Verantwortung für die Unreinheit anderer zu übernehmen, für die Sünden aller Menschen, die vor ihm in der Welt gelebt hatten, während seiner irdischen Existenz und nach ihm – und sie am Kreuz zu sühnen. Indem er in die Wasser des Jordan eintauchte, machte der Erlöser den allerersten Schritt auf diesem Weg – symbolisch übernahm er die menschlichen Verfehlungen, erklärt der heilige Johannes Chrysostomus.
Durch das Hinabsteigen in die Gewässer des Jordan weihte Christus das Element Wasser erneut, und durch es die gesamte geschaffene Natur. Einst veränderte der Sündenfall von Adam und Eva die ganze Welt: nicht nur der Mensch, sondern auch die Natur, mit der der Mensch eng verbunden ist, trug das Siegel der Sünde und des Todes – die Folgen der Abkehr von Gott.
Jesus Christus, indem er sich im Jordan tauchte, erneuerte die Wasser und befreite sie zusammen mit der gesamten geschaffenen Welt von Unreinheit und Verfall. Nicht zufällig wird das wichtigste christliche Mysterium – die Taufe – „durch Wasser und Geist“ vollzogen: Das geheiligte Wasser empfängt die Gnade des Heiligen Geistes, und indem man darin getaucht wird, wird der Gläubige genauso erneuert und geistig wiedergeboren – als Christ. Hierin besteht der Unterschied des von Christus eingeführten Taufsakraments (siehe Johannes 3:5) vom Taufritual des Johannes, das die Menschen zur Buße führte, aber keine spirituelle Wiedergeburt implizierte.
Die Segnung des Wassers (Ջրորհնեք)
Die Segnung des Wassers findet unmittelbar nach dem Surb Patarag, am 06. Januar, am Tag der Feier der Geburt Christi statt. Dabei wird das Kreuz mit Gebeten und Kirchenliedern in das Wasser eingetaucht. Es symbolisiert die Taufe Jesu Christi. Das Wasser wird in Kirchen gesegnet, kann aber auch in Häusern, natürlichen Gewässern, Flüssen, Brunnen und anderen Orten gesegnet werden.
Die Kirche unterscheidet zwischen großem und kleinem Wassersegen: Der große Segen wird am Tag der Geburt und Taufe des Herrn durchgeführt, der kleine Segen wird am Festtag der Kirche, während der Kirchweihe oder bei anderen Anlässen durchgeführt.
Die Tradition der Wasserweihe begann zuerst in Jerusalem, am Jordan-Fluss. Später akzeptierten auch andere christliche Kirchen diese Praxis. In den altorientalischen und orthodoxen Kirchen kann die Wassersegnung am Epiphanie, wie schon erwähnt, auch heute am Fluss, See oder Meer durchgeführt werden.
Über diese Tradition in der Armenischen Kirche sprechen viele unserer Kirchenväter. So sagt z. B. Johannes von Odzun: „Es ist notwendig, dass die Segnung des Wassers am Fest der Erscheinung durchgeführt wird, dass Myron über das Wasser gegossen wird und dass danach an die Taufe des Herrn im Jordan Fluss gedacht wird.“
Die Segnung des Wassers hat einen besonderen Platz in der armenischen kirchlichen Tradition. Sie erinnert symbolisch nicht nur an die Taufe Christi, sondern auch an die dadurch uns geschenkte Reinigung, Erneuerung und geistiger Wiedergeburt. Das gesegnete Wasser wird an die Glaubenden verteilt.
Weihnachten in unserer Gemeinde
In Baden-Württemberg wurde der Weihnachtsgottesdienst mit großer Freude gefeiert, wie in 16 anderen Gemeinden unserer Diözese (zwischen dem 5. und 7. Januar). Am Surb Patarag, am 06. Januar in Göppingen, nahmen mehr als 250 armenische Christen teil. In seiner Predigt sprach Pfarrer Diradur über die Bedeutung des Wortes in der Tradition der armenischen Kirche, besonders die Bedeutung des menschgewordenen Wort-Gottes und die durch Ihn gebrachte frohe Botschaft. Er dankte allen Kirchendienern, Mitwirkenden, Vorstandsmitgliedern und Gemeindemitgliedern, die auf ihre Weise zum Wohl der Gemeinde beitragen.
Pfarrer Diradur teilte mit, dass er in den kommenden Tagen nach Armenien reisen wird, um im Rahmen der Diözesanweiten Aktion „Weihnachtsfreude“ die frohe Botschaft der Geburt Christi an die Ärmsten der Armenier in Armenien zu bringen. Er wird persönlich Grüße übermitteln und betonen, wie wichtig diese Menschen für uns sind und dass wir sie nicht vergessen. Über 150 benachteiligte Familien werden während der Aktion Essenspakete und Hilfe erhalten. Der Pfarrer bedankte sich bei allen, die an der Aktion teilgenommen haben.
Des Weiteren sprach Pfarrer Diradur über wichtige Ereignisse, die 2024 in der Gemeinde stattfinden werden, darunter Vorstandswahlen, die Sanierung der Hl. Kreuz Kirche, die Planung des Zentrums in Stuttgart, Kulturtage in Stuttgart, HayFest in Göppingen sowie andere kulturelle und religiöse Veranstaltungen.
Als Taufpate für die Wasserweihe wurde in diesem Jahr Herr Berc Takesian, der Vorstandsvorsitzende der Gemeinde, gewählt.
Nach dem feierlichen Gottesdienst feierte die Gemeinde im Festsaal Bartenbach mit Gastkünstlern aus Armenien, Vardan Badalyan und Davit Khachatryan.