Sergej Parajanov

Ein Weltkünstler zwischen Armenien, Georgien und Ukraine

Der Magier der Farben und Bilder

Sergej Parajanov (1924-1990) war ein außergewöhnlicher Filmemacher und Künstler, dessen Leben und Werk ein faszinierendes Mosaik aus armenischer Herkunft, georgischer Heimat und ukrainischem Schaffen bilden. Er jonglierte mit Farben, Klängen und Bildern wie ein Magier und sprengte die Grenzen von Nationen und Kulturen, um Kunst zu schaffen, die die Seele berührt.

Ein Leben zwischen den Kulturen

Geboren 1924 in Tiflis (heute Tbilisi), der pulsierenden Hauptstadt Georgiens, wuchs Parajanov in einer armenischen Familie auf. Sein Vater war Antiquitätenhändler – eine Tätigkeit, die im sowjetischen System am Rande der Legalität stand. Eine bekannte Anekdote erzählt, wie der junge Sergej einst Schmuckstücke verschluckte, um sie vor den Behörden zu verbergen – eine Geschichte, die wie aus einem seiner eigenen Filme stammen könnte.

Seine Jugend war geprägt vom Tanz zwischen verschiedenen Kulturen: Zunächst studierte er Musik am Tbiliser Konservatorium und später in Moskau, bevor er sich dem Film zuwandte. An der renommierten Gerasimov-Filmschule lernte er unter ukrainischen Meistern wie Oleksandr Dovzhenko.

Parajanov selbst fasste seine kulturelle Identität treffend zusammen: „Alle wissen, dass ich drei Mutterländer habe. Ich wurde in Georgien geboren, arbeitete in der Ukraine und werde in Armenien sterben.“ Diese Verwobenheit verschiedener kultureller Einflüsse prägte sein gesamtes künstlerisches Schaffen.

Die künstlerische Revolution

In der Ukraine fand Parajanov seine filmische Stimme. Mit „Schatten der vergessenen Vorfahren“ (1965) schuf er ein Werk, das die ukrainische Folklore mit modernster Filmsprache verband und international Anerkennung fand. Doch es war sein armenisches Meisterwerk „Die Farbe des Granatapfels“ (1969), das ihn unsterblich machte.

Der Film ist eine visuelle Hommage an den armenischen Dichter Sayat-Nova und bricht radikal mit den starren Regeln des sozialistischen Realismus. Statt einer konventionellen Erzählung schuf Parajanov ein poetisches Tableau aus Symbolen, Farben und Klängen. Jede Szene wirkt wie ein lebendiges Gemälde, voller folkloristischer Motive und spiritueller Tiefe, die die Zuschauer in eine andere Zeit und Welt versetzen.

Widerstand und Unterdrückung

Die Sowjetbehörden reagierten mit Ablehnung auf Parajanovs unkonventionelle Kunst. „Die Farbe des Granatapfels“wurde zensiert und umbenannt. 1973 wurde Parajanov selbst verhaftet – unter anderem wegen seiner rebellischen Haltung und seiner Nähe zum ukrainischen Nationalismus. Er verbrachte vier Jahre in Haft unter harten Bedingungen.

Doch selbst im Gefängnis blieb sein kreativer Geist unbezwingbar. Er schuf hunderte von Collagen, Zeichnungen und skurrilen Puppen aus Abfallmaterialien – Werke, die heute als eigenständige Kunstwerke geschätzt werden. Diese Unbeugsamkeit machte ihn zu einer Ikone des künstlerischen Widerstands.

Weltweite Anerkennung

Während das sowjetische Regime ihn unterdrückte, wuchs Parajanovs internationaler Ruhm. Filmgrößen wie Federico Fellini, Jean-Luc Godard und Francis Ford Coppola feierten sein Werk und setzten sich für seine Freilassung ein. Er wurde zum Symbol für künstlerische Freiheit und zum Vorbild für Filmemacher weltweit.

Nach seiner Entlassung und trotz anhaltender Schikanen schuf Parajanov weitere bedeutende Werke wie „Die Legende der Festung von Suram“ (1985) und „Ashik Kerib“ (1988) – Filme, die erneut georgische, armenische und aserbaidschanische Motive zu einer universellen Sprache der Schönheit verbanden.

Das Vermächtnis des Brückenbauers

Parajanovs Werk ist weit mehr als Kino – es ist ein Dialog zwischen Kulturen. Er war ein Vorreiter, der zeigte, wie Kunst Barrieren überwinden kann. Seine Filme, Collagen und Installationen stellen eine einzigartige Verbindung zwischen Tradition und Avantgarde, zwischen Ost und West her.

1990 starb Sergej Parajanov in Jerewan, Armenien – wie er es vorhergesagt hatte. Sein Haus in Tiflis ist heute ein Museum, das sein Werk und seine einzigartige Sammlung an Kunstobjekten bewahrt. Seine Filme werden weltweit auf Festivals gefeiert und inspirieren neue Generationen von Künstlern.

In einer Zeit zunehmender kultureller Spannungen erinnert uns Parajanovs Vermächtnis daran, dass wahre Kunst Grenzen überwindet und Menschen verbindet. Er bleibt ein leuchtendes Beispiel für die schöpferische Kraft kultureller Vielfalt – ein Mann, der die Welt durch seine Kunst ein Stück bunter machte.