Gegen die Irrlehren
Vier Heilige und die Orthodoxe Lehre von Jesus Christus
Die Armenische Kirche gedenkt am 4. Januar vier große Gestalten, welche die Christenheit theologisch nachhaltig geprägt haben: Hl. Basilios den Großen, Hl. Gregor von Nyssa, Hl. Ephrem den Syrer und Hl. Silvester von Rom. Dieses Gedenken fügt sich bewusst in die Zeit kurz vor der Feier der Geburt Christi (die in der armenischen Tradition am 6. Januar begangen wird). Denn das Wissen um die wahre Identität Jesu Christi – als wahrer Gott und wahrer Mensch – steht im Mittelpunkt der Botschaft, die diese vier Heiligen verkörpern.
Ein Glaube wird infrage gestellt
Im 4. Jahrhundert erhob sich eine Stimme, die das Verständnis der Kirche von Christus empfindlich störte: Arius, ein Priester aus Alexandria. Er meinte, weil Gott der Vater ohne Ursprung sei, könne der Sohn, selbst wenn er über alle Geschöpfe erhöht sei, nicht das gleiche göttliche Wesen haben. Die Frage dahinter war grundlegend: Wer ist Christus?Und damit untrennbar verbunden: Wer ist Gott?
Für die Armenische Kirche war und ist klar, dass Christus als Sohn Gottes nicht nur ein erhabenes Geschöpf sein kann, sondern wesensgleich mit dem Vater sein muss – sonst wäre seine Göttlichkeit keine echte. Diese Spannung entfachte einen Kirchenstreit, der die Gemeinschaft der Gläubigen von der Stadt bis in die entlegenen Dörfer aufwühlte.
Arianismus heute
Heute kann man, wenn man so will, eine Variante des Arianismus bei den Zeugen Jehovas finden, für die der Sohn dem Vater deutlich untergeordnet und ein geringeres Wesen als der höchste Gott ist. Er ist Geschöpf bzw. Mittlerwesen aus dem Bereich des Geschöpflichen und nicht Gott.
Die Wende von Nicäa
Um den Konflikt zu entschärfen, berief Kaiser Konstantin 325 das Konzil von Nicäa ein. Etwa 300 Bischöfe aus dem ganzen Reich kamen zusammen und bekräftigten in einem damals revolutionären Bekenntnissatz, dass der Sohn „wesenseins“ mit dem Vater ist. Mit diesem griechischen Begriff wurde verdeutlicht, dass Christus und der Vater nicht nur ähnlich, sondern eins sind im göttlichen Wesen. Arius’ Sicht wurde verurteilt, doch der Streit ebbte damit nicht vollständig ab. In den folgenden Jahrzehnten rangen verschiedene Gruppen weiterhin um Einfluss; erst das Zweite Ökumenische Konzil 381 in Konstantinopel bestätigte den Kern von Nicäa endgültig.
ZITATE:
Wir glauben an den einen Gott, den Vater …, und an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt, das heißt aus dem Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, wesensgleich (griech. homoousios) dem Vater, …, und an den Heiligen Geist.
Die aber sagen: „Es gab einmal eine Zeit, als er nicht war“ und „Bevor er gezeugt wurde, war er nicht“ und „Er ist aus nichts geworden“, oder die sagen, der Sohn Gottes sei aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit, oder er sei geschaffen oder wandelbar oder veränderlich, diese belegt die katholische Kirche mit dem Anathema.
Konzil von Nicäa, 325 n. Chr.
Vier Hüter des rechten Glaubens
- Basilios der Große († 379) war Erzbischof von Caesarea in Kappadokien. Er verteidigte die nicänische Lehre gegen eine Vielzahl arianischer Strömungen und sorgte durch seine Schriften und Predigten dafür, dass das Bekenntnis zur Wesenseinheit von Vater und Sohn in den Gemeinden tiefe Wurzeln schlagen konnte.
- Gregor von Nyssa († um 394) – Basilios’ jüngerer Bruder – führte diesen Kampf gegen Irrlehren weiter. Mit seiner klaren und zugleich mystischen Theologie legte er dar, dass der Sohn nicht ein nachträglich geschaffenes Wesen sein kann, sondern in göttlicher Ewigkeit mit dem Vater verbunden ist.
- Ephrem der Syrer († 373/379) verkündete den Glauben an Christus nicht nur mit akademischer Schärfe, sondern vor allem in dichterischen Hymnen. Durch diese geistlichen Lieder, die man bis heute in der Orthodoxie schätzt, prägte er das Bewusstsein der Gläubigen: Christus ist wahrer Gott, der sich jedoch um unseretwillen ganz in die menschliche Existenz begibt.
- Silvester, Bischof von Rom († 335), wirkte fast zur gleichen Zeit in einer westlichen Metropole. Er unterstützte die Beschlüsse von Nicäa, indem er Gesandte dorthin entsandte und das dort formulierte Bekenntnis in seinem Verantwortungsbereich bestätigte. So trug er auf politischer und spiritueller Ebene zur Einheit der Kirche bei.
Keine reine Theorie, sondern Herzstück des Glaubens
Die Lehre von der Wesenseinheit zwischen Vater und Sohn ist kein kompliziertes Detail, das nur Fachtheologen interessiert. Dahinter verbirgt sich unsere ganze Erlösungshoffnung:
- Ist Christus nicht wahrer Gott, gibt es keinen Grund, ihn anzubeten.
- Ist er nicht wahrer Mensch, kann er unsere Natur nicht vollkommen heilen und erlösen.
Genau deshalb hat sich die Orthodoxe Kirche so entschieden gegen jede Form von Arianismus gestellt. Auch heute tauchen von Zeit zu Zeit Lehren auf, die Jesus lediglich als großes Vorbild oder Mittlerwesen betrachten. Die altkirchliche Tradition beharrt jedoch darauf, dass Jesus als Sohn Gottes ebenso ewig und göttlich ist wie der Vater.
Ein Fest für alle, die standhaft bleiben wollen
Am 4. Januar erinnert die Armenische Kirche an jene, die gegen Verwirrungen dieser Art kämpften. So kurz vor dem Hochfest der Geburt Christi ist das ein starkes Signal: Wer das Christfest wirklich versteht, erkennt im Kind von Bethlehem den selben, der „vor den Zeiten“ im Schoß des Vaters war – Gott von Gott, Licht vom Licht.
Diese vier Heiligen – Basilios, Gregor von Nyssa, Ephrem und Silvester – haben ihr Leben dafür eingesetzt, diese heilvolle Botschaft zu bewahren. Durch ihr Vorbild lädt uns die Kirche ein, in Liebe, Klarheit und Dankbarkeit die Wahrheit zu verteidigen, dass der Mensch gewordene Sohn Gottes wahrhaft unser Schöpfer und Erlöser ist.
Gesegnete Vorbereitung auf die Feier der Geburt unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus!
Pfr. Dr. Diradur Sardaryan
Gemeindepfarrer