Im Fokus: Mai

„Wachet auf, denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.“
Matthäus 25,13

Liebe Gemeindemitglieder,
liebe Freunde unserer Gemeinde,

Wenn der Mai erwacht, atmet die Schöpfung auf – und wir mit ihr. Nicht zufällig nennt man ihn den Monat der Blüte und des Lichtes, ein Echo jener alten Verheißung: „Ich bin das Licht der Welt.“

Der liturgische Kalender schenkt uns in diesem Monat zwei herausragende Feste, die wie ein himmlisches Echo ineinandergreifen: Die Erscheinung des Heiligen Kreuzes (Տօն Երեւման Ս. Խաչի) am 18. Mai – ein mystisches Zeichen göttlicher Gegenwart inmitten der Geschichte – und Christi Himmelfahrt (Համբարձում) am 29. Mai – das stille, doch triumphale Aufsteigen des Menschensohnes in die Ewigkeit.

Beide Feste erzählen von Aufrichtung, von Perspektive – vom Kreuz, das sich über die Welt erhebt, und vom Blick, der nicht am Irdischen klebt, sondern sich himmelwärts weitet. Und vielleicht ist das ja die Einladung dieses Monats: mit dem Herzen sehen zu lernen, was mit den Augen allein verborgen bleibt.

Am 28. Mai erinnert uns Armenien an die Gründung der Ersten Republik im Jahr 1918. Ein Datum, das Mut atmet, Aufbruch verkündet, Freiheit und Verantwortung zugleich ist. Wer das Kreuz sieht – als Zeichen des Leidens wie der Hoffnung –, versteht vielleicht auch tiefer, was die armenische Geschichte trägt: ein Glaube, der nicht untergeht, auch wenn die Welt ihn zu begraben versucht.

In diesem Geist laden wir Sie herzlich ein zum Filmabend über Sergej Paradjanov. „Die Farbe des Granatapfels“ – mehr als ein Film, eher ein Gedicht aus Licht – wird zur Tür in die Seele unserer Kultur. Gemeinsam mit Ekke Maaß und unseren Partnern entdecken wir an diesem Abend nicht nur ein filmisches Meisterwerk, sondern auch, wie Kunst Brücken schlägt zwischen Völkern, Sprachen und Zeiten. Seien Sie dabei – mit offenen Sinnen, mit Hunger nach Schönheit.

Und noch ein Klang durchzieht diesen Monat – diesmal ganz konkret: Der Klang unserer Turmuhr in der Armenischen Heilig-Kreuz-Kirche in Bartenbach. Sie ist verstummt. Und mit ihr ein Teil unserer Geschichte, ein Taktgeber, der seit Jahrzehnten unsere Feste, Gebete und Alltage begleitet hat. Es ist Zeit – im wahrsten Sinn des Wortes –, sie wieder zum Leben zu erwecken.

Unsere Spendenkampagne „Zeit für die Ewigkeit“ lädt Sie ein, mitzuhelfen. Damit die Uhr nicht nur wieder tickt, sondern auch Zeugnis gibt – von unserer gemeinsamen Verantwortung, das Erbe zu bewahren, das uns geschenkt wurde.

Möge dieser Mai ein Monat des Sehens, Hörens und Verstehens werden. Möge er uns öffnen – für das, was uns himmelwärts zieht, was uns in der Tiefe verbindet und was wir gemeinsam gestalten können.

In christlicher Verbundenheit,
Pfarrer Diradur Sardaryan